Bertones Studie sollte dem Chevrolet Corvair 1963 einen neuen Look geben und ist eine der schönsten Bertone-Karosserien überhaupt geworden.
Designikone: Corvair Testudo
Als Chevrolet 1969 die Produktion des Corvair einstellte, war der Wagen kurz zuvor von dem Verbraucherschutzanwalt Ralph Nader in einer öffentlichen Kampagne wegen seines Hinterradantriebs als unsicher diffamiert worden. Das einst recht erfolgreiche Mittelklasse-Model, das als Konkurrenz des Käfers auf dem US -Markt eingeführt wurde, aber über einen Motor wie ein Porsche verfügte, wurde eingestellt. Was aus dem Corvair hätte werden können, zeigte der junge Giorgetto Giugiaro bei Bertone im Jahr 1963 auf dem Genfer Autosalon. Der Corvair Testudo blieb zwar ein Prototyp, aber was für einer! Die aus einem Guss geformte lange Karosserie treibt einem in ihrer Eleganz die Tränen in die Augen.
Die Autokarosserie wird mittlerweile inflationär als Skulptur bezeichnet. In den meisten Fällen ist das eine Unverschämtheit. Im Fall des Corvair Testudo aber absolut berechtigt, verkörpert sie doch den Inbegriff des italienischen Autodesigns: Die mühelose Demonstration von Geschwindigkeit, Kraft und Leichtigkeit verdichten sich zu makelloser Schönheit. Man wünschte sich, auch heute wären Studien in der Lage, so klare Statements in Sachen Design zu setzen. Auch dem kargen Interior mit dem ovalen Lenkrad sollte sich auch heute noch so mancher Designer ein Beispiel nehmen. Dass Giugiaro den Testudo ausgerechnet für eine amerikanische Automarke entwarf, verwundert. Dass Chevrolet sich nicht entschloss seinen Ideen auch nur annähernd zu folgen, hingegen kein bisschen. Die Frontscheibe ermöglicht dem Fahrer einen unterbrechungslosen 180-Grad-Panoramablick. Die Mondauto-Rückscheibe erinnert an den genialen wie schrägen AM C Pacer von 1975 und das ganze Design des Fahrzeugs an Harm Lagaays umstrittenen Porsche 924, der 13 Jahre später, 1976, in Serie ging. Niemand anderes als Nuccio Bertone himself präsentierte den Corvair Testudo. Text: Daniel Seetal