Designer, Unternehmer, Visionär: Der 55-jährige Däne Henrik Fisker hat Autos wie den BMW Z8 oder den Aston Martin DB9 entworfen, sich mit Elon Musk überworfen und den fantastischen Fisker Karma entwickelt. Im Interview mit INTERSECTION wirft der umtriebige Workaholic einen Blick in die Glaskugel.
Henrik Fisker: Der Rebell
Sie haben eine ganze Reihe außergewöhnlicher Autos entworfen. Was macht ein Auto zu einer Ikone?
Ich denke es geht darum, etwas zu erschaffen, das einerseits einzigartig ist, aber gleichzeitig auch zeitlos. Die Herausforderung dabei ist, sich von den aktuellen Trends frei zu machen. Das ist nicht einfach, sonst würde es ja auch jedem gelingen. Gerade auch, weil das heißt, sich manchmal über die Vorgaben der Ingenieure hinwegzusetzen. Die Vorgaben sind oft gut um ein normales, langweiliges Auto zu entwerfen, aber nicht unbedingt eine Ikone.
Das heißt, es gibt da eine Menge Armdrücken zwischen Designern und Ingenieuren?
Das kommt darauf an. Gerade bei vielen jungen Firmen ist das anders, auch bei uns. Oder bei Supercars: Auch hier haben die Designer eine viel freiere Hand. Bei dem BMW Z8 Projekt zum Beispiel gab es gar keine vorgegebene Platform.
Gibt es eine automobile Ikone, die Sie gerne neu gestalten würden?
Um ehrlich zu sein habe ich das schon gemacht. Den Aston Martin V8 Vantage zum Beispiel, oder den Fisker Karma, in dem ich gerade fahre und für den wir gerade den Nachfolger entwickeln. Ich denke viel schwieriger, als eine Ikone zu redesignen ist es, einen Nachfolger zu entwerfen und sich zu überlegen, wie man es besser machen könnte. Jetzt wo das Thema Elektromobilität immer wichtiger wird, verändern sich auch die Proportionen, weil wir keinen großen Motorblock mehr haben. Das gibt uns wie ich denke die Möglichkeit, ganz neue Ikonen zu erschaffen.
Wie hat sich Ihre Arbeit als Designer und Automobilunternehmer in den letzten Jahren durch neue Technologien verändert?
Es wird immer schneller. Früher hat alleine die Konzeptphase 9 Monate gedauert. Bei vielen Mobilitäts-Start ups und auch bei Fisker geht das heute in vielleicht vier bis sechs Wochen. Bei uns werden einfach schnellere Entscheidungen getroffen und wir wissen genau, was wir wollen. Wenn das Grundgerüst festgelegt ist, dann geht es heute sehr schnell zu 3D-Entwürfen. Ich muss aber sagen, dass mir die Arbeit mit traditionellen Clay-Modellen sehr wichtig ist. Grundsätzlich haben wir in der Automobilbranche das Problem, dass sich alles um uns herum rasant verändert: Software, Trends. Wenn man dann aber vier bis fünf Jahre an der Hardware arbeitet, dann ist das viel zu lange. Mein Ziel ist es, den ganzen Prozess auf 24 Monate zu verkürzen. Gerade durch den Wandel hin zur Elektromobilität ergeben sich hier Potentiale. Die Antriebe sind weniger komplex, die langwierigen Abgastests entfallen. Hier kann wirklich Entwicklungszeit gespart werden. Das letzte Teil des Puzzles ist aber die Batterie. Bei künftigen Feststoff-Batterien werden wir die ganzen Sicherheitsherausforderungen nicht mehr haben. Das wird die Testphase noch einmal sehr verkürzen.
Wirken sich diese Technologien auch auf das Design aus? Sehen Autos anders aus, die nur am Computer entworfen wurden?
Ich glaube man schafft es nur dann eine echte emotionale Verbindung zwischen Produkt und Konsument herzustellen, wenn man wenigstens teilweise auch mit Full-Size-Modellen arbeitet. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob man soviel Zeit spart, wenn man den gesamten Designprozess digitalisiert. Ich würde sagen, man addiert eher Risiken und subtrahiert Emotionen. Ich kann in drei Wochen ein Clay-Model formen und das Design finalisieren. Es ist nicht so sehr die Frage, ob der eine Prozess oder der andere schneller ist. Es geht um die Fähigkeit des Designers und der Entscheider.
Sie sind seit kurzem Berater für die Berliner Innovationsplattform Motec Ventures.
Motec Ventures ist ein kleiner Investment-Fond, der junge Automobil-Start-ups und Technologieunternehmen sucht. Ich habe ja schon lange in München gearbeitet. Deutschland hat ein phantastisches Netzwerk von Auto-Wissen. Aber die klassische Infrastruktur der Branche wird gerade durcheinandergebracht. Früher gab es die großen Hersteller, die mit wenigen Haupt-Zulieferern gearbeitet, die ihrerseits wieder mit vielen kleinen Zulieferern gearbeitet haben. Heute gehen aber immer mehr Hersteller dazu über, direkt mit innovativen Tech-Unternehmen zusammenzuarbeiten. Gleichzeitig gibt es junge Start-ups die völlig außerhalb der etablierten Matrix agieren. Für mich ist die Arbeit mein Motec also auch ein Weg mit vielen europäischen Unternehmen in Kontakt zu kommen, die man in den USA gar nicht kennt.
In Deutschland machen immer weniger junge Menschen ihren Führerschein. Was muss die Autoindustrie denn tun um bei der nächsten Generation wieder relevant zu werden?
Das Freiheits-Gerät ist heute nicht mehr das Auto, sondern das Handy. Das lässt sich auch nicht mehr ändern. Wer heute zwischen 18 und 30 Jahre alt ist, der kauft sich sein erstes Auto in erster Linie später. Die Frage für die Industrie ist also: Wie schafft man es, die jungen, zukünftigen Käufer jetzt schon für die eigene Marke zu begeistern. Ich glaube das bedeutet man muss Teil ihres Lebens sein. Man muss aus der Komfort-Zone raus und sich mit Themen wie Carsharing beschäftigen. Diese demographische Verschiebung beim Autokauf ist auch eine echte Herausforderung für viele Volumenhersteller, die das günstigste Segment mit abdecken – also das Segment aus dem viele junge Käufer herausfallen, die sich später gleich ein etwas teureres Auto kaufen.
Wie sieht denn die nächste Generation Luxus-Autos aus?
Ich denke die Kluft zwischen Luxus- Autos und gewöhnlichen Transportmitteln wird immer größer – heute ist ein BMW 3er ja nicht so viel anders wie ein 7er. Etwas kleiner vielleicht. Aber in der Zukunft wird Luxus-Mobilität – ob jetzt autonom fahrend, oder nicht – sehr viel extravaganter und einzigartiger sein und viel mehr Imagezum Ausdruck bringen. Ich denke, die klassische 3-Box-Limousine wird damit verschwinden. Sie hat einfach keine gute Form. Deswegen werden Crossover zum Beispiel immer erfolgreicher. Mit autonomen Fahren und Elektroantrieben wird das ganze 2-Box und 3-Box-Design hinfällig. Ich denke um ehrlich zu sein, dass in zwanzig Jahren keiner mehr ein langweiliges Auto rumstehen haben wird, das nur Platz wegnimmt und Versicherung und Steuern kostet, nur um von A nach B zu kommen. Das werden künftige Mobilitätsdienstleistungen und Roboterflotten übernehmen. Ich bin froh, dass wir im Premium-Segment sind, weil ich denke, dass es das auch weiterhin geben wird. Aber für die Volumenhersteller wird es eng werden und sie brauchen Mobilitätskonzepte für die Bevölkerung.
Fotos: PR
Interview: Alexander Batke-Lachmann
Der Beitrag ist erschienen in der Intersection Nr. 35