Ardennen-Achterbahn

Wir hatten das Glück, letztes Jahr bei den 24-Stunden von Spa nicht nur auf der Tribüne zu stehen, sondern unmittelbar vor Rennbeginn auch drei Runden mit der Straßenversion des Honda NSX Supersportwagen auf der Strecke fahren zu dürfen.

Wenn man sich heute mit Motorsport-Begeisterten über die schönsten Rennstrecken der Welt unterhält, dann fällt meist, noch vor Le Mans oder der Nordschleife des Nürburgrings, ein Name: Spa. Mit ihren 21 meist sehr schnellen Kurven auf sieben hügeligen Kilometern und einem Höhenunterschied von 100 Metern, liegt die legendäre Strecke wie ein verborgenes Juwel inmitten der von Tannenwäldern überzogenen wallonischen Region Belgiens. So viel vorweg: Mit einem echten Honda NSX die berühmtberüchtigte Kurvenkombination Raidillon de l’Eau Rouge auf der realen Rennstrecke statt auf der Playstation zu fahren, ist ein surreales Erlebnis. Man kennt jede Kurve, aber die zweidimensionale Darstellung auf dem Fernseher wird der extremen Topografie nicht im Ansatz gerecht. Nach der abschüssigen Beschleunigungsgeraden, vorbei an der Boxengasse, geht es in
die Senke des kleinen Flusses Eau Rouge. Unmittelbar danach folgt eine weite Rechtsskurve mit rund 18 Prozent Steigung und ein Linksknick mit anschließender Geraden. Kaviar-Frühstück für den NSX. Mehrfach war Eau Rouge schon Schauplatz heftiger Unfälle, immer wieder wurde der außerordentlich unübersichtliche Streckenabschnitt entschärft, zuletzt 2005 mit einer verbreiterten Auslaufzone. Gleichzeitig ist hier die außerordentliche Faszination von Spa mit den Kurven und Hügeln auf wenigen Metern komprimiert.

„Seitdem ich den NSX GT3 im vergangenen Jahr in Macau zum ersten Mal bewundern konnte und die Gelegenheit hatte, mich ans Steuer zu setzen, wusste ich, dass ich ihn unbedingt auf der Rennstrecke erleben wollte. Nun bekomme ich die Chance,
an den legendären 24 Stunden von Spa teilzunehmen – auf einer der aufregendsten Rennstrecken weltweit“, freut sich Castrol Honda-Fahrer Esteban Guerrieri im Vorfeld der Veranstaltung. Der geht wenige Minuten nach unseren Runden freilich mit der 520-PS-starken und 600 Kilogramm abgespeckten GT3 Version des NSX an den Start. Mit Unterbrechungen finden hier, nahe der deutschen Grenze, schon seit 1925 die Formel-1-Rennen des Großen Preises von Belgien statt. War die Strecke in der Anfangszeit noch knapp 15 Kilometer lang, wurde sie über die Jahre immer wieder verändert, zuletzt 2007 auf aktuell 7.004 Kilometern, was sie immer noch zur aktuell längsten Formel-1-Strecke macht. Die Liste der Gewinner in Spa liest sich wie das Who‘s who der Motorsportelite: Von Juan-Manuel Fangio bis Bruce McLaren, Alain Prost, Ayrton Senna, André Lotterer, Jacky Ickx, oder in jüngster Zeit Sebastian Vettel und Lewis Hamilton. Michael Schumacher hatte hier 1991 sein Formel-1-Debüt und im Folgejahr seinen ersten Formel-1-Sieg.

Auch das legendäre 24-Stunden-Rennen von Spa-Francorchamps ist fast so alt wie die Rennstrecke selbst. Dieses Jahr feiert es seine 70. Veranstaltung. Nach 511 Runden und 3579 Kilometern hatten Philipp Eng, Tom Blomqvist und Christian Krognes im BMW M6 GT3 des Teams Walkenhorst Motorsport nur 10,408 Sekunden Vorsprung auf die Markenkollegen Nick Catsburg, Jens Klingmann und Alexander Sims. 10 Sekunden Vorsprung, nach 24 Stunden Rennen! Am Ende feiert BMW den ersten Doppelerfolg seit 1997.

„Unser“ Castrol Honda Racing-Team mit dem Honda NSX GT3 kam nach einem guten Start und etwas Pech mit den Fahrern Riccardo Patrese, Loic Depailler, Esteban Guerrieri und Bertrand Baguette auf Platz 7 der Pro-Am Klasse. Ein respektables Ergebnis, gerade wenn man bedenkt, dass es für das Team das erste 24-Stunden-GT3-Rennen war. Für Honda war es ohnehin auch ein symbolisches Jubiläum: 25 Jahre nachdem die Japaner mit der ersten Generation des NSX in Spa an den Start ging, kehrt Honda mit dem Nachfolger zurück. Der Kreis schließt sich also und wir sind gespannt auf die nächste Saison!     Fotos TINA WILLIM Erschienen in INTERSECTION Nr. 35

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