James Goldstein ist „NBA Superfan“, Mode-Junkie und Besitzer des wohl berühmtesten Hauses der Welt: der Sheats Goldstein Residence in den Hollywood Hills, auch bekannt aus „The Big Lebowski“. Der angeblich mit Immobiliengeschäften reich gewordene Exzentriker sieht aus wie eine Kreuzung aus Crocodile Dundee und Keith Richards, saß bei über 2000 Basketballspielen in der ersten Reihe und lässt sich Reihenweise mit heißen Blondinen vor dem Catwalk abbilden, denen er meist nur bis zur Brust reicht. Ob das peinlich ist? Nicht wenn man die Chuzpe von Goldstein hat! Ein Gespräch auf dem Tennisplatz über das Schicksal, die Mode und seinen Haß auf SUVs.
Der mysteriöse Mr. Goldstein
Erzählen Sie uns etwas von Ihrem Auto.
James Goldstein: Ich habe meinen Silver Cloud Convertible 1971 gekauft. Er war Baujahr 1961. Ich wollte damals einen Ferrari, aber als ich diesen super Rolls entdeckt hatte, änderte ich meine Meinung. Ich habe den Silver Cloud immer gemocht und er kostete nur 12 000 Dollar. Nebenbei gesagt, er war
in keinem sehr guten Zustand. Ich ließ ihn wieder herrichten und habe die Lackierung und alle Sitze erneuert. Seit 1971 habe ich kein anderes Auto mehr gehabt. Ich liebe seinen Stil, er entspricht meinem Kleidungsstil. Kein anderes Auto hat mich seitdem interessiert.
Fahren Sie selbst oder haben Sie einen Chauffeur?
Ich fahre selbst. Ich mag es nicht, hinten zu sitzen, ich möchte selbst Herr über mein Schicksal sein. Es stört mich überhaupt nicht, selbst zu fahren, selbst wenn ich mir einen Chauffeur leisten könnte, würde ich weiterhin selbst fahren.
Sie lieben es also, Auto zu fahren…
Ich liebe es zu fahren, außer zu den Basketballspielen, die alle um 19h30 beginnen, gerade zur Rushhour, dann mag ich gar nicht gern Auto fahren. Im Großen und Ganzen fahre ich keine langen Strecken, ich bleibe in Beverly Hills und West Hollywood. Ich fahre gern bei schönem Wetter, dann bei offenem Verdeck hinter dem Steuer zu sitzen, das ist das Größte.
Warum haben Sie sich in Los Angeles niedergelassen?
Das geht auf meine Schulzeit zurück. Ich hatte gute Noten und sollte mir die zukünftige Universität aussuchen. Wegen meines Abschlusses wollten alle, dass ich zu einer der Ivy-League-Universitäten gehe. Ich habe die Prüfungen bestanden und einige wollten mich aufnehmen, aber ich musste die ganze Zeit daran denken, wie schön Kalifornien ist. Ich war allerdings noch nie dort gewesen und kannte die Gegend nur von Fotos. Ich habe daher entschieden, nach Stanford zu gehen. Mein dortiger Zimmermitbewohner kam aus Los Angeles und lud mich dorthin ein. Dort habe ich dann sofort gemerkt, dass es genau meine Stadt war, und ich habe Nordkalifornien schnell verlassen. Ich habe mich dann auf der UCLA eingeschrieben und bin nie wieder von dort weggezogen. Wenn ich mich noch einmal entscheiden müsste, würde ich viel- leicht Miami wählen, damals war die Stadt noch ganz anders als heute. Jetzt ist sie die coolste Stadt der USA. Dort passiert ganz viel, das ganze Jahr über ist es warm und man ist näher an Europa. Miami hat für mich viele Vorteile gegenüber LA. Ich sage nicht, dass ich LA nicht mehr mag, wenn ich mich aber noch mal entscheiden müsste, das wäre für Miami.
Wir sind Ihnen oft in Paris während der Fashion Weeks beim Spazierengehen über den Weg gelaufen.
Ich liebe es, zu Fuß zu gehen, ganz besonders in einer Stadt wie Paris, ich gehe wirklich überall zu Fuß hin, bestimmt kenne ich Paris besser als viele Pariser. Wenn das Wetter schön ist, ist es der beste Ort, es ist eben die schönste Stadt der Welt. Sie ist ein bisschen mein zweites Zuhause, ich komme viermal im Jahr.
Womit beschäftigen Sie sich im Moment? Womit verbringen Sie Ihre Tage?
Ich beschäftige mich nur mit Dingen, die mir Freude machen. Ich betrachte es nicht wirklich als Arbeit. Ich arbeite bei mir an Bau- und Designprojekten. Wir sitzen auf einem Tennisplatz, den ich vor zwei Jahren fertiggestellt habe, unten habe ich meinen eigenen Club, den Club James. Und da sind auch meine Büroräume, die ich gerade fertiggestellt habe. Einige Feinarbeiten müssen noch erledigt werden, dann will ich eine große Terrasse und ein Schwimmbad unter dem Club James bauen, mit zusätzlich einem Kino und einem Gästezimmer. Diese Projekte erfordern alle große Umsicht und Aufmerksamkeit, ich habe viele Termine mit Architekten, ich bin sehr pedantisch. Seit fast einem Jahr arbeite ich auch mit zwei Freunden in Mailand an meiner eigenen Kollektion, der James Goldstein Couture, In Mailand befinden sich auch Studio und Show- room. Ich selbst kümmere mich um Design und Markenkommunikation. Auch das empfinde ich nicht wirklich als Arbeit. Was mir dann noch sehr am Herzen liegt, sind die Spiele in der NBA, jedes Jahr schaue ich mir etwa hundert Spiele an, aber auch Modeschauen, ich besuche Hunderte davon auf der ganzen Welt jedes Jahr. Meine Tage sind sehr ausgefüllt.
War das schon immer so?
Als ich jung war, habe ich viel gearbeitet und das war kein reines Vergnügen. Was ich jetzt tue, ist nicht wirklich Arbeit für mich.
Was inspiriert Sie in Sachen Design?
Wenn ich auf Reisen bin, würde ich Architektur sagen, dort finde ich Inspira- tion für mein Haus zum Beispiel. Mode fasziniert mich schon immer, eine er- folgreiche Modenschau ist für mich ein richtiges Kunstwerk. Ich werde nie die Perfektion der ganz großen Modedesigner mit meinen Kollektionen erreichen, sie inspirieren mich aber, mich stetig zu verbessern. Ich liebe es auch, neue Kulturen zu entdecken, jedes Jahr versuche ich, ein neues Land zu besuchen.
Wie sind sie überhaupt zur Mode gekommen?
Psychologisch gesehen, ist das eine interessante Frage. Es ist schwer, Ihnen eine genaue Antwort zu geben, ich war der einzige Sohn, mein Vater arbeitete viel und war sehr erfolgreich. Er ermutigte mich, viel Sport zu treiben und mich selbst zu übertreffen, welches Projekt auch immer ich in Angriff nahm. Meine Eltern waren sehr tolerant, sie haben mir nie vorgeschrieben, was ich tun soll. All das hat sicher einen großen Einfluss auf die Entscheidungen in meinem Leben gehabt. Mein Vater arbeitete in der Konfektionsbranche und besaß ein großes Lager. Das hat mich bestimmt auch beeinflusst. Auf der anderen Seite hatte er bezüglich Kleidung eine sehr konservative Einstellung, er trug immer Anzug und Krawatte.
Haben Sie jemals daran gedacht, ein Auto zu entwerfen?
Nicht wirklich. Ich schaue mir Autos gern an, ihr Design auch. Das Design ist für mich wichtiger als die Leistung. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch, dass die Autos immer hässlicher werden und dass es nicht besser wird. Ich war auf Kuba und als ich all die Autos aus den fünfziger Jahren sah, wurde mir be- wusst, wie viel interessanter die Autos früher doch waren. Wir betrachten Au- tos unter einem zu praktischen Blickwinkel und interessieren uns nicht mehr so wie früher für das Design. SUVs haben eine solche Wichtigkeit bekommen, ich hasse diese Autos. Die Leute sehen aus, als ob sie in einem Kasten fahren würden. Früher waren die Linien der Autos viel fließender. Heute fesselt nichts mehr im Auto mein Blick. Ich gehe jedes Jahr zur Los Angeles Auto Show, die in der Nähe des Stadions stattfindet, in dem ich die Basketballspiele besuche. Ich gehe eine Stunde zwischen den Ständen durch und jedes Jahr sage ich mir, dass es vergeudete Zeit ist. Ich sehe nie etwas Aufregendes, nie etwas Radika- les oder total Futuristisches. Die heutigen Autos sind eine echte Enttäuschung. Was mich zum Beispiel an der Architektur interessiert, sind avantgardistische und außergewöhnliche Ideen, so wie man es heute in Dubai sehen kann. So etwas würde ich auch gern in einem Auto wiederfinden
Kunst interessiert Sie auch …
Stimmt, ganz besonders verfolge ich das, was in der zeitgenössischen Kunst passiert. Ich sammle zwar nicht, ich investiere lieber in meine Immobilienpro- jekte, kürzlich habe ich aber eine Skulptur von Xavier Veilhan gekauft und in meinem Garten steht ein Werk von Bernard Vanet. Und nicht zu vergessen, der One Room Skypace von James Turrell. Wir haben ihn vor zehn Jahren machen lassen. Da das Haus sehr viele Glasfronten hat, eignet es sich nicht besonders für das Aufhängen von Kunstwerken. Mit dem Bau des Club James habe ich jetzt sehr viel mehr Platz, ich werde mich bald darum kümmern.
Text: Gilles Uzan
Bilder: Columbine Goldsmith
Dieser Beitrag erschien in INTERSECTION Nr. 01/2015.