Zum Saisonauftakt der elektrischen Rennserie reiste INTERSECTION Deutschland mit neuem Formel E-Sponsor Hugo Boss nach Hong Kong. Inmitten der futuristischen Kulisse des Renn-Territoriums trafen wir – einen Tag vor dem Rennen – den ehemaligen Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg um mit ihm über Chancen, Potentiale und Probleme der Elektro-Zukunft zu sprechen.
Nico Rosberg über die Formel E
Intersection: Was bringt dich hier her?
Nico Rosberg: Nach mittlerweile 16- jähriger Zusammenarbeit sind Hugo Boss und ich wieder zusammen gekommen, um im Rahmen der Formel E eine globale Partnerschaft zu erschließen. Zudem interessiere ich mich persönlich für die Formel E und glaube an ihre Zukunft – sie ist so anders als die Formel 1 und steht außer Konkurrenz. Der Technologiekampf aller großen Hersteller bietet eine große Show.
Worin siehst Du das Potential der Formel E?
Nico Rosberg: Der Elektro-Hype überall auf der Welt hat Potential, denn alle wollen mit der Formel E assoziiert werden.Das ist eben die Zukunft! Gerade in Hinblick auf die Erderwärmung. Das E-Auto hat an sich hat denke ich wenig Potential, aber wenn man die Infrastruktur entsprechend an die Energieströme durch Wind oder Solar anpasst, würden sich die ersten Resultate in ein paar Jahren zeigen.
Die Industrie hat trotzdem mit Problemen zu kämpfen, z.B. was die Stromgewinnung und den Batteriemüll betrifft. Gerade im Hinblick auf den Rennsport müssen Batterien zukunftsorientiert weiterentwickelt werden. Wird das zeitnah möglich sein?
Nico: Das sind natürlich große Herausforderungen, aber die Technologieentwicklung steht noch in den Anfängen, besonders wenn man betrachtet, wie wenig Elektroautos derzeit auf dem Markt sind, mal abgesehen von Tesla. Hier gibt es ein großes Entwicklungspotential, die bestehenden Probleme zu lösen. Jedoch ist dies noch ein weiter Weg, den wir gehen müssen.
Fährst Du privat ein Elektroauto?
Nico: Ich nutze in Monaco das Carsharing mit einem Renault Twizy. Das ist total super, das Auto kann ich überall abstellen, sogar auf Motorradparkplätzen.
Du warst auch für Tesla in Kalifornien zum Probefahren, richtig?
Nico: Ja genau. Ich interessiere mich generell für die Elektromobilität, auch für Investments und Start-up Unternehmen in dieser Hinsicht. Aus diesem Grund war ich in Kalifornien und habe mir dort alles angeschaut, bis hin zu autonom fahrenden Autos von Marken wie Tesla oder Google. Das war super spannend.
Glaubst du, dass Tesla seine führende Marktposition halten kann?
Nico: Das ist sehr schwierig zu sagen. Jedoch glaube ich, dass es für Hersteller wie Mercedes kein Problem sein wird, mitzuhalten. Vielleicht werden manche auch an Tesla vorbeiziehen. Ich glaube, dass alles seine Balance finden wird und sich ein konkurrenzfähiger Markt entwickelt.
Würdest du es für realistisch halten, dass ein Elektroauto deinen Luxus-Sportwagen irgendwann ersetzt, oder ist es eher ein Zusatz zum alltäglichen Gebrauch?
Nico: Ich werde immer ein Fan bleiben vom Ferrari V12 und von klassischen 1955er Autos, das wird sich auch nie ändern. Allerdings bin ich genauso ein Fan des Elektroautos, das eine ersetzt aber nicht das andere.
Was war Dein erstes Traumauto?
Nico: Ein Porsche Turbo, den auch mein Vater früher fuhr.
Was war das erste Auto, das du dir gekauft hast?
Nico: Das war ein Mercedes, eine 280er SL Pagaode von 1970.
Nochmal zurück zur Formel E, es bestehen relativ oberflächliche Unterschiede zwischen der Formel-1 und der Formel E, wie z.B. der fehlende Sound, Geschwindigkeitsbegrenzungen durch die empfindlichen Batterien. Wie stark schätzt du die emotionalen Unterschiede zwischen der Formel-1 und der Formel E ein?
Nico: Die Formel-1 ist pures Entertainment, wobei es bei der Formel E überwiegend um die Technologie und das Event an sich geht, weil es viel zugänglicher ist und das Publikum dadurch auch vielfältiger. Grundsätzlich ist die Formel E einfach anders! Spannend ist auch, welche Top-Marken sich momentan mit der Formel E assoziieren. Mercedes, Porsche oder BMW werden sich auf höchstem Niveau mit den neusten Technologien bekriegen. Das ist doch genial. Die Wichtigkeit der Formel E steht außer Frage, da die neusten Batterietechnologien gegeneinander zur Schau gestellt werden und sich keine der Top-Marken erlauben kann, als letzter durchs Ziel zu fahren.
Die Formel E wird unter anderem auch von Familien besucht. Glaubst Du, dass die Formel E auch Formel-1 Zuschauer begeistern wird? Und sich generell das Publikum verändern wird?
Nico: Wenn das Spektakel wächst, wird es bestimmt einige anlocken. Die Formel E erreicht momentan aber einfach ein ganz anderes Publikum.
Heißt: Formel-1 und Formel E sind zwei verschiedene Welten, mit zwei verschiedenen Zielen. Die Formel E wird die Formel-1 nicht ersetzen können?
Nico: Die zwei stehen ganz klar außer Konkurrenz.
Ich werde immer ein Fan bleiben vom Ferrari V12 und von klassischen 1955er Autos, das wird sich auch nie ändern. Allerdings bin ich genauso ein Fan des Elektroautos, das eine ersetzt aber nicht das andere.
Was bedeutet Autofahren für Dich privat? Welche Emotionen verbindest du damit?
Nico: Ich würde sagen, dass es 95 Prozent der Zeit ein alltägliches Nutzen ist, um von A nach B zu kommen, fünf Prozent der Zeit ist Spaß und Leidenschaft. Mit den klassischen Autos macht es mir am meisten Spaß, manchmal fahre ich aber auch gerne moderne Autos.
Ist ein Auto für dich ein Statussymbol, oder ein Spielzeug?
Nico: Die Uhr, der Anzug und auch das Auto – es sind alles Statussymbole.
Trotzdem gibt es auch kulturelle Unterschiede, wenn man Berlin als Beispiel nimmt, ist es in einigen Bezirken uncool geworden einen Lamborghini oder Maserati zu fahren und man setzt dort eher auf einen Smart. Würdest Du, abhängig von einer Stadt, unterschiedliche Automodelle fahren?
Nico: Ja, auf jeden Fall, da man sich den Umständen anpassen muss. In Monaco z.B. bin ich mit meinem Ferrari cool unterwegs, aber auch dort ist ein E-Smart sehr angesehen.
Würdest du mit deinem Auto reisen?
Nico: Ich fliege meistens immer und nutze mein Auto weniger zum Reisen.
Du nimmst Deine Autos nie mit, wenn Du auf eine Reise gehst?
Nico: Nein.
Bei der Formel-1, wie Du bereits erwähnt hast, geht es um die Technik. Der Fahrer muss sich sehr darauf konzentrieren, dass z.B die Balance des Energiehaushalts stimmt. Was ist für dich bei der Formel-1 die größte Herausforderung gewesen?
Nico: Die Intensität des Ganzen, besonders von Anfang bis Ende des Jahres 100% Prozent zu geben und das Auto auch dementsprechend zu fahren – keine Fehler zu machen, immer schneller und der Beste zu sein. Das ist unglaublich schwierig.
Wie bist du mit diesem immensen Druck umgegangen? Zerstört das nicht manchmal den eigentlichen Spaßfaktor?
Nico: Die Intensität reduziert den Spaßfaktor natürlich sehr, weil es ein Kampf ist. Wenn Vitali Klitschko in den Ring steigt, dann bin ich mir sicher, dass sein Spaßfaktor auch reduziert ist und das ist bei der Formel-1 nicht anders. Sobald ich ins Auto steige, gehe ich einen Kampf ein, um meine Konkurrenz zu schlagen. Das ist Hochleistungssport und eben überall gleich.
Der Druck erhöht sich natürlich auch, wenn Du einmal Erster warst, weil Du deinen Platz verteidigen möchtest. War das ein Grund für dich bei der Formel-1 auszusteigen?
Nico: Es haben viele Gründe eine Rolle gespielt, aber der hauptsächliche Grund war, dass ich alles erreicht habe, was ich erreichen wollte. Die extreme Intensität und auch meine Familie waren wichtige Faktoren bei dieser Entscheidung.
Vermisst Du es manchmal?
Nico: Nein. Gar Nicht.
War es schon immer dein Traum ein Rennfahrer zu werden?
Nico: Seitdem ich Denken kann. Ich bin mit dem Rennfahren großgeworden und habe meinen Vater immer zugeschaut. Dadurch ist auch mein Traum entstanden.
Wann saßt du zum ersten Mal in einem Auto?
Nico: Mit vier oder fünf saß ich das erste Mal in dem Jeep meines Vaters und bin alleine um die Go-Kart-Bahn gefahren.
Wie sieht deine Zukunft aus? Hast du bestimme Pläne?
Nico: Erstmal möchte ich mich auf die Marken-Kooperation mit Hugo Boss konzentrieren sowie auf verschiedene Investments in Start-up Unternehmen, die auf Elektromobilität fokussiert sind. Derzeit bin ich am meisten mit Fahrermanagement beschäftigt, aber ich möchte auch meine Freizeit einfach genießen.
Kannst Du dir zukünftig vorstellen im Bereich der Formel E tätig zu sein?
Nico: Ich werde mir anschauen, welche Möglichkeiten sich zukünftig in dem Bereich entwickeln. Der Rennsport wird immer meine Leidenschaft bleiben und Teil meines Lebens sein.
Wie siehst du die Zukunft des Autos?
Nico: Die Zukunft des Autos ist autonom und es wird Leben retten. Es war eine sehr beeindruckende Erfahrung das Google-Auto zu fahren. Während meiner Fahrt hat sich, 50 Meter von mir entfernt, eine Dame nach vorne gelehnt um nach ihrem Portmonee auf der Straße zu suchen. In diesem Moment dachte der Computer, sie wolle die Straße überqueren und hat das Auto dementsprechend abgebremst. Das war wirklich beeindruckend.
Interview: Sina Braetz
Fotos: Formula E in Hong Kong: Mirjam Wählen, Nico Rosberg: Heiko Richard (Archiv)