Die Songs, die Videos, die Schlagzeilen: In der Karriere von US-Rapper Tyga dreht sich alles um Autos.
Rollin’ On Chrome
„Oh lil Porsche, I got a thing for you / Every single night I‘m having dreams ‚bout you / Take you out to eat, don‘t that sound crazy? / Wash you up nice and clean for paparazzi.“ (Lil Porsche) Kaum ein Text von Tyga, der nicht dem Auto huldigt. Dabei reiht sich der Rapper aus Compton, einem der berüchtigtsten Viertel von Los Angeles, in eine Jahrzehnte alte Tradition ein. Die Karre muss einfach mit dabei sein. Gestern wie heute. Doch fragt man sich, was es damit auf sich hat. Sind die fahrbaren Untersätze etwa doch die Antwort auf die ewige Frage nach dem Sinn des Lebens? Endet der Griff nach den Sternen am verchromten Kühlergrill?
Spaß beiseite: Natürlich geht es um das harte Cash und das damit verbundene Prestige. Statussymbole als schichtübergreifende Verständigung und kleinstes gemeinsames Vielfaches im Wertekodex: „I spent 1.8 million of my hard-earned money / To buy this motherfucking car, I had heard about called the Bugatti.“ (Hello I’m Ballin’) Namen wie Mercedes, Ferrari und Lamborghini werden in allen Sprachen richtig verstanden. Sie stehen für Erfolg, Reichtum und Begehrlichkeit. Und darum geht es in den meisten Texten von Tyga. Aber das ist nur die halbe Wahrheit: die demonstrative Zurschaustellung von automobilen Pretiosen wie Rolls Royce und Lamborghini sind auch eine gigantische Provokation in Richtung (weißes) Establishment. Ein U30-Musiker, der mit Bentley-Schlüsseln jongliert, während er an seinem Joint pafft, stellt die Moral „Sei brav, erlerne einen angesehenen Beruf und gönn’ Dir was als Belohnung“ auf den Kopf. Nicht dass Tyga auf der faulen Haut liegen würde – ganz im Gegenteil. Eigene Label wie die Plattenfirma „Last Kings Records“, das erfolgreiche Engagement als Video-Produzent oder die standesgemäße Sneaker-Linie „T-Raww Runners“ in Kooperation mit L.A. Gear sprechen Bände. Doch zurück zum Thema: Egal ob arm und „underground“ oder reich und berühmt – der Schlitten ist zentrales Thema. In den Lyrics und auf dem Cover. Da ist es eine Selbstverständlichkeit, dass auf dem Art Work von Tygas neuester Veröffentlichung „Bugatti Raww“ ein Veyron zu sehen ist.
Vorbei die Zeiten, als es klare Unterschiede in den Vorlieben für die fahrbaren Untersätze zwischen East- und West-Coast gab. War man früher im Osten noch ganz auf europäische Edelmarken fixiert, zeigte der Stil-Kompass an der Westküste klar auf reich verzierten Lowrider. Aber der boomende Markt der Luxus-Karossen und Supersportwagen hat auch die Sehnsüchte und Repräsentationsrituale der HipHop-Community verändert.
Die Blattgold-Folierung von Tygas Audi R8 kam angeblich ab Werk. Die wäre ihm früher von einer der alt-eingesessenen Gangster-Garagen im latino-dominierten Hafendistrikt von Hand aufgetragen worden. Auffallen um jeden Preis? Ja, und zwar so, dass es in den Augen brennt. Klappern, pardon Cruisen gehört schließlich zum Handwerk. Eine Deutung könnte in etwa so aussehen: Wenn Du in einer Umgebung aufgewachsen bist, in der Ruhm das höchste Ziel auf Erden ist, dann versuche Dir so schnell wie möglich welchen zu verdienen – egal wie. Da passt die Pose mit dem Bugatti ausgezeichnet.
„I spent 1.8 million of my hard earned money / To buy this motherfucking car, I had heard about called the Bugatti“
Bugatti Veyron
Geplant als schnellstes Serien-Auto der Welt hatten die Konstrukteure ursprünglich sogar einen 18 Zylinder ins Auge gefasst. Mit Preisen jenseits der Millionengrenze ist der Bugatti im absoluten Luxus-Olymp.
Motor: 16 Zylinder
Hubraum: 8 Liter
Leistung: 1001 PS
Dieser Artikel erschien in der Intersection Ausgabe No. 32.
Fotos: Ahmed Klink
Styling: Tyga
Text: Philipp Stadler