BMW-DESIGN: WEISS, BLAU, GRUEN

SPORTLICHKEIT, LUXUS UND TECHNOLOGIE. KAUM EIN HERSTELLER SCHAFFTE ES UBER JAHRZEHNTE DIESE DREI ATTRIBUTE SO KONSEQUENT IM DESIGN ZU VERKOERPERN WIE DER BAYERISCHE AUTOMOBILBAUER. DABEI HABEN SICH DIE MUENCHNER IM RICHTIGEN MOMENT AUCH VOR RADIKALEN SCHRITTEN NICHT ZURUECKGESCHEUT. IM NEUNUNDNEUNZIGSTEN JAHR SEIT DER FIRMENGRUENDUNG BLICKEN WIR ZURUECK AUF DIE GESCHICHTE UND DIE MUTIGSTEN CONCEPT CARS VON BMW.

Am Anfang steht ein 6-Zylinder-Reihenmotor mit 19 Litern Hubraum: Das erste Produkt der Bayerischen Motoren Werke ist ein Flugzeugmotor. Bis heute erinnert der stilisierte weiß-blaue Rotor im Markenemblem an die Ursprünge des Unternehmens im Flugzeugbau und symbolisiert zugleich das Fortschrittsversprechen des 20. Jahrhunderts.

 

Automobilgeschichte schreibt BMW erst ab 1928, zwölf Jahre nach Firmengründung, mit der Übernahme der Autofabrik Eisenach. Das erste Fahrzeug war der 3/15 PS, eine Weiterentwicklung des englischen Austin 7, der zuvor in Eisenach als Lizenz gebaut wurde. 1933 erblickt dann die bis heute BMW-typische Niere am Kühlergrill des ersten komplett selbst konstruierten Wagens, des 303, das Licht der Welt. Ein wirklicher Meilenstein ist der bis heute unvergessene Sport-Roadster 328 von 1936, der mit seinen zahlreichen Motorsport-Erfolgen das sportliche und zugleich emotionale Image der Bayern begründet. Sein aerodynamisches Design mit serienmäßiger Unterbodenverkleidung und integrierten Frontscheinwerfern ist auch ein Bekenntnis zu einer innovativen Verbindung von Technik und Gestaltung.

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg folgen schwere Jahre für die Bayern. Das Münchener Werk war zerstört. Das Eisenacher Werk in der sowjetischen Besatzungszone wurde verstaatlicht und war ab 1955 Produktionsstätte des Wartburgs. Das erste neue Automobil, das man 1952 vorstellte, war die Oberklassen-Limousine 501, die sich technisch und gestalterisch stark an den Vorkriegsmodellen orientierte und wegen ihrer geschwungenen Formen auch Barockengel genannt wurde.

 

Mitte der 50er-Jahre gelingt BMW dann mit dem zweisitzigen Roadster 507 ein echter Coup: Der deutsche Designer Albrecht Graf Goertz präsentiert mit dem Sportwagen auf der IAA 1955 einen modernen Konkurrenten des Mercedes-Benz 300 SL, der knapp fünfzig Jahre später das Design des Retro-Roadster Z8 inspirieren sollte. Finanziell war für das angeschlagene Unternehmen allerdings der 1500, die „Neue Klasse“ von 1961, ungleich wichtiger. Mit spitzer Haifischnase, angedeutetem Hofmeister-Knick in der C-Säule und einem schnörkellosen, nach vorne drängendem Design verkörpert die „Neue Klasse“ die Neuerfindung BMWs, als moderne, innovative Marke – auch als Gegenpol zu der konservativen, opulenten Gestaltung der Modelle von Mercedes-Benz.

 

Die 70er-Jahre schließlich sind geprägt von einer Neuordnung der Modellreihen, die bis heute Bestand hat und das mit der “Neuen Klasse” entwickelte Markengesicht serienübergreifend verankert. Nach der ersten 5er-Generation, dem direkten Nachfolger des 1500, kommen bis 1977 die ersten 3er, 6er und 7er auf den Markt. BMW hat sich gefunden. Dementsprechend evolutionär entwickelt sich das Design in den kommenden zwanzig Jahren. Hofmeisters Nachfolger Paul Bracq und Claus Luthe festigen den unverkennbaren Stil der Marke, wenngleich Nebenprojekte wie der M1 von 1978 oder die ab Ende der 80er gepflegte Z-Reihe immer wieder Raum boten, jenseits des Markenkorstetts mit neuen Formen und Konzepten zu experimentieren.

 

Erst unter dem umstrittenen Chris Bangle und seinem Nachfolger Adrian van Hooydonk werden Ende der 90er- Jahre die etablierten Designkonventionen aufgebrochen. Stil und Unternehmensausrichtung werden internationaler und überfordern damit manchen Traditionalisten. Die Bayern zünden ein Modellfeuerwerk, das keine Nische unbedacht lässt und im Zweifelsfall eher Nischen schafft, wo sie niemand vermutet hätte. Parallel dazu verleibt sich BMW mit der unglücklichen Rover-Übernahme Mini ein und erwirbt 1998 die Markenrechte für Rolls-Royce. So steht BMW zur Jahrtausendwende mit einem Produktportfolio vom Kleinwagen bis zum Geländewagen und zur Luxuslimousine um ein Vielfaches breiter aufgestellt als noch zehn Jahre zuvor.

 

Und das Spiel geht auf. Innerhalb weniger Jahre zieht BMW bei den Absatzzahlen und der Profitabilität an der schwäbischen Konkurrenz vorbei. Dank prall gefüllten Kassen kann BMW viele Milliarden auf Risiko setzen: Mit neuen Antriebstechnologien, neuen Materialien und nicht zuletzt einer neuen Designsprache will BMW mit der Submarke BMWi ein grünes Alter-Ego entwickeln, neue Antworten auf die Anforderungen an die Mobilität des 21.Jahrhunderts geben und sich kurz vor dem hundertsten Geburtstag ein Stück weit neu erfinden. Der Zeitpunkt könnte nicht besser gewählt sein.

Text: Alexander Batke-Lachmann

Fotos: BMW AG

Dieser Beitrag ist in der INTERSECTION Nr. 1 erschienen.

Verwandte Artikel